Prüfen Sie, welche dreidimensionalen Interpretationen Ihr Gehirn bevorzugt.
Regler
Animationsgeschwindigkeit
Bilder machen heisst, die Bilder im Kopf in sinnlich wahrnehmbare Objekte zu transformieren und sich dabei die Eigenheiten der visuellen Wahrnehmung bei der Gestaltung zu Nutze zu machen. So ist die perspektivische Projektion als Mittel zur Bildkonstruktion spätestens seit der Renaissance zum eigentlichen Untersuchungsgegenstand und Spielzeug bildender Künstler avanciert. Angefangen bei den illusionistischen Deckengemälden der Renaissance, über die Perspektivkästen und Anamorphosen des 16. und 17. Jahrhunderts bis zur zeitgenössischen Kunst finden perspektivische Projektionen sowohl als Simulation zur Vortäuschung von Räumlichkeit, als auch als Darstellungsmittel und Abstraktion des Raumes ihre Anwendung. Nicht selten wird dabei die Ambivalenz zwischen «Sein» und «Schein» zum Aufsehen erregenden Stilmerkmal und Bildanlass.
Wie sie aussehen, und wie sie vom richtigen Standpunkt aus betrachtet in ihre 2-dimensionale «Bildebene» zurückklappen. Betrachtet man das Bildpaar unten «schielend» in 3-D, zerfällt die Bildillusion und die wahren räumlichen Gegebenheiten kommen zum Vorschein.
Die einzelnen Bilder des Würfelfilms von Spot 23 sind zweidimensional. Die Informationen über die dritte Dimension fehlen. Unser Gehirn konstruiert trotzdem aus den zweidimensionalen Bildern dreidimensionale Situationen und zwar mit Hilfe von visueller Intelligenz einerseits und angelerntem Bildwissen andererseits. Die vier folgenden Bildpaare ergeben, «schielend» betrachtet dank der stereoskopischen Zusatzinformation ein relativ eindeutiges räumliches Bild. Eine Anleitung zum «Schielen» finden Sie in Spot 11.
1. ein grosser Würfel mit einer kleinen würfelförmigen Aussparung an der vorderen Ecke
2. ein grosser Würfel mit einem sich gegenläufig drehenden Würfel ganz vorne im Bild
3. eine Zimmerecke mit Boden, zwei Wänden und einem in der Ecke klebenden Würfel
4. eine aufgebrochene Zimmerecke mit einem pyramidenförmigen tiefen Loch
Die ersten drei Interpretationen stellen sich bei den meisten Betrachtern relativ leicht ein. Die vierte setzt jedoch Erfahrung mit Bildern verzerrter Räume voraus. Das Umschalten zwischen den vier Interpretationen geschieht durch mentale Anstrengung. Es kann vorkommen, dass ein neu entdecktes räumliches Bild einige Minuten stabil bleibt und sich erst dank Ihrer Vorstellungskraft in ein anderes räumliches Bild verwandelt, welches dann wieder längere Zeit stabil bleiben kann.
Haben Sie etwas Geduld, versuchen Sie sich zu entspannen und trainieren Sie, um das Umschalten zwischen den räumlichen Bildern zu beschleunigen.
Es gibt genau genommen unendlich viele räumliche Bilder, welche mit den zweidimensionalen Vorlagen des Würfelfilms verträglich sind. Es ist interessant, dass unser Gehirn, den Gestaltgesetzen folgend, unter allen Lösungen unbewusst stets prägnante Situationen und Objekte bevorzugt. Das sind in der Regel rechtwinklig konstruierte elementare Situationen und Objekte. Im letzten Jahrhundert interessierte sich vor allem die Gestaltpsychologie für das Inventar der im Gehirn gespeicherten Formen und Objekte sowie für die ihnen zugeordnete Prägnanz. Mit grosser Imaginationskraft lassen sich sogar einzelne Schielbilder beeinflussen und trotz der vorhandenen stereoskopischen Zusatzinformation in andere Bilder verwandeln. Diese blelb-Entdeckung deutet darauf hin, dass unsere Stereobilder im Gehirn nicht nur rein passiv aus der verfügbaren räumlichen Bildinformation konstruiert werden, sondern dass aktive Top-down-Prozesse im Spiel sind mit Wahrnehmungen, welche der Bildinformation sogar widersprechen können. Die würfelförmige Aussparung im ersten Schielbild kann man beispielsweise auch als vorgelagerten Würfel sehen.
Bilder sehen heisst Bilder im Kopf konstruieren.